Ökologische Partizipation

Partizipation bedeutet Teilhabe. Ihr Gegenteil ist Ausgrenzung. Menschen fühlen sich ausgeschlossen, wenn sie von Entscheidungen betroffen sind, die sie nicht mitgestalten konnten. Exklusion trifft Tiere, Pflanzen oder Ökosysteme genauso wie Menschen. Unter ökologischer Partizipation verstehen wir die inklusive Teilhabe an Nachbarschaften.

Orchester
Für ein neues Stück guter Nachbarschaft braucht es eine Vielfalt an Stimmen. Bild: Thorsten Krienke/Flickr

Eine Nachbarschaft besteht aus Menschen, ihren Häusern, Infrastrukturen und Institutionen. Zur Nachbarschaft gehören aber auch nichtmenschlichen Lebewesen und Ökosysteme. Nachbarschaften haben unterschiedliche Massstäbe, angefangen beim privaten Haushalt, über Quartiere, Städte, Regionen und Staaten bis zur Biosphäre, die als dünner belebter Film die ganze Erde umgibt.

Nachbarn gestalten ihr Zusammenleben im Dialog. Im Verlauf einer Begegnung werden unterschiedliche Stimmen vernehmbar. Gruppen bestimmen Sprecherinnen und Sprecher, Organisationen und Gemeinwesen wählen Vertreterinnen und Vertreter.

Tiere, Pflanzen oder Ökosysteme artikulieren ihre Anliegen nicht in Worten. Trotzdem sind ihre Existenzbedingungen hinreichend bekannt: Ökologen, Klimatologinnen, Geologen und Forscherinnen anderer Disziplinen untersuchen die Biosphäre in ihrer ganzen Vielfalt, beschreiben physikalische, chemische und biologische Grenzen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tragen ihre Erkenntnisse in die Öffentlichkeit und leihen den nichtmenschlichen Wesen damit ihre Stimme.

Partizipation bedeutet, dass interessierte Akteure Probleme definieren, Gegenstände hinterfragen, Kontroversen austragen, Lösungen vorschlagen und Projekte schmieden. Ohne Interesse keine Stakeholder und ohne Stakeholder keine Partizipation. Interessen können so tief wurzeln, dass sich jede Diskussion erübrigt. Interessen sind aber auch abhängig von der Situation. Wenn Akteure gemeinsam ihre Situationen untersuchen, den geografischen Rahmen neu abstecken, den Kreis der Teilnehmenden umdefinieren, dann gestalten sie damit auch ihren Verhandlungsraum.

Der Kreis der Partizipierenden ist oft eng gefasst und beschränkt sich auf formelle Delegierte und anerkannte Experten. Um Situationen zu verändern und Gestaltungsspielräume zu eröffnen, ist dieser Rahmen oft zu eng. Es braucht vielmehr die doppelte Ausweitung: von den Delegierten in Richtung der Bürgerinnen und von den Expertinnen in Richtung der Laien. So kann ökologische Partizipation gelingen und dazu beitragen, ein neues Stück guter Nachbarschaft zu erfinden.

Wir unterstützen Sie

dialog:umwelt unterstützt Sie bei Konzeption und Aufbau von Partizipationsprozessen und Dialogverfahren. Wir schaffen mit Ihnen zusammen eine vertrauensbildende, konstruktive Atmosphäre, in der bisher schlecht vernehmbare Stimmen sich klarer artikulieren und bisher dominante Stimmen ausbalanciert werden.

dialog:umwelt hilft Ihnen, Anlässe und Workshops zielorientiert zu konzipieren, effizient und umsichtig zu organisieren und wirksam durchzuführen. Wir unterstützen Sie bei der Moderation von Workshops und bei der Redaktion von Tagungsunterlagen, Ergebnisberichten oder Positionspapieren.

dialog:umwelt recherchiert und bereitet Materialien auf, die unterrepräsentierten Stimmen dabei helfen, sich in den Meinungsbildungs- und Diskussionsprozess einzubringen. Wir unterstützen Sie dabei, Kommunikationsmittel zu konzipieren und umzusetzen.

Weiterlesen

Callon, Michel; Lascoumes, Pierre; Barthe, Yannick: Agir dans un monde incertain: essai sur la démocratie technique, 2014. Englisch als: Callon, Michel; Lascoumes, Pierre; Barthe, Yannick: Acting in an uncertain world: an essay on technical democracy, Cambridge, Mass 2009 (Inside technology). Grundlegendes Buch mit eher philosophischem Fokus.

Creighton, James L.: The public participation handbook: Making better decisions through citizen involvement, 2005. Eher unkritische, technisch-praktische Einführung.

Kaner, Sam: Facilitator’s guide to participatory decision-making, San Francisco, CA 2014. Sehr gutes Praxishandbuch für die Arbeit mit Gruppen.

Marres, Noortje: Material participation: technology, the environment and everyday publics, Houndmills, Basingstoke, Hampshire ; New York 2012. Originelle Ausdehnung des Begriffs der Partizipation auf Gegenstände.